Als Erstes: Mit KriPo ist nicht die Kriminalpolizei gemeint, sondern die “Kritische Politik an der Universität Zürich”, eine politische Studentenvereinigung, bei deren Gründung ich dabei war.

Erste Erfahrungen ausserhalb der extremistischen Bubble
Für mich war es eine sehr wichtige Erfahrung dort aktiv zu sein, da ich damals auch noch in der linksextremen Szene aktiv involviert war. Persönlich sah ich es für ein gutes Agitationsfeld, während die Führung meiner damaligen Organisation mir davon abriet, dass ich dort aktiv werden wollte. Ich verstand das damals nicht, während mir heute klar ist, dass sie mich in Isolation von nicht-extremistischen linken Kräften behalten wollten, um die Kontrolle über mich zu behalten.
Und nun zu meiner Erinnerung diesbezüglich: So wie ich mich erinnerte, war der Name “KriPo” meine Idee und wir hatten eine hitzige Diskussion darüber, ob dieser Name “gut” sei oder nicht, die meine Fraktion dann auch gewann. Von Bekannten habe ich mittlerweile erfahren, dass mittlerweile eine andere Person für sich in Anspruch nimmt, diesen Namen erfunden zu haben. Nach meiner Einschätzung: Kann sein. Ich erinnere mich einfach nicht mehr daran. An was ich mich erinnern kann, ist jedoch, dass ich ganz klar den Namen KriPo präferierte und in der Abstimmung damit auch “gewann”. So wie ich mich erinnern konnte, stellte ich mich auch zur Wahl bezüglich der Präsidenschaft des neu gegründeten Vereins und gewann diese auch. Ich stellte mich aber nicht zur Wahl für den Studentenrat, da ich damals die Überzeugung vertrat, dass es sich getreu meiner linksextremen Gesinnung von damals nicht lohnt, an diesem Organ teilzunehmen.
Dieser armseelige Typ, der nirgendwo Anschluss fand
Wieso ich dieses Kapitel meiner Biographie wieder hervorkramte: Bei öffentlichen Auftritten bezüglich meiner Aufklärung bzgl. Linksextremismus wird in manchen Kreisen jeweils rumerzählt, dass ich schon damals im meiner aktiven Zeit ein eher armseeliger Typ war, der nirgendwo Anschluss fand. Dem wollte ich mal entgegenstellen, dass der Fakt, dass ich zum ersten Präsidenten der KriPo gewählt wurde, dem wohl entgegen sprechen würde. Damals habe ich versucht nach Belegen dafür zu suchen, um dies auch faktisch zu untermauern (neben meiner immer noch sehr unterschätzten Karriere als erster wirklicher Propaganda Rapper der Schweiz).
Kann ich meiner Erinnerung vertrauen?
Nur fand ich die nicht. Damit fing auch mein Zweifel an, ob ich mich da wirklich richtig daran erinnere. Denn: Als Psychologe bin ich natürlich damit vertraut, wie unser Gedächtnis funktioniert und wie fehleranfällig es ist. Es ist mir auch bewusst, dass psychisch gesunde Menschen ein eher positiv verzerrtes Selbstbild haben: Dass man sich also eher überschätzt in seinen Leistungen.
Ich habe mir dann auch überlegt, dass ich mich bei Menschen melden könnten, die in der Gründungsphase der KriPo mit dabei waren, um diese zu fragen. Fand das aber dann trotzdem ein blödes Motiv. weil es echt nicht so relevant ist: Ich habe in meinem Amt als Präsident des Vereins ohnehin kaum Leistungen vollbracht, da ich noch viel zu sehr von den linksextremen Strukturen und der Auseinandersetzung damit vereinnahmt war. Auch schäme ich mich für meinen Geltungsdrang, da mir diese Ego-Prahlereien ohnehin völlig nutzlos erscheinen (wenn nicht im spielerischen Sinn, wie im Hip Hop geläufig).
Was heisst das für unser Verständnis von Geschichtsschreibung?
Nun krame ich das Thema aber wieder hervor, da es eine spannende Auseinandersetzung mit dem Umgang historischer Geschichtsschreibung, Gedächtnis und dem was eben “wissenschaftlich” beweisbar ist und was nicht. Mein Fazit: Es gibt keine wissenschafliche Methode, um beweisen zu können, was in der Vergangenheit “wirklich” passiert ist. Bzw. ist es die absolute Ausnahme, dass es sehr deutliche Beweise für etwas gibt.

Die Frage, die sich mir stellte, ist: Inwiefern ich einfach aus der Geschichtsschreibung der KriPo “gesäubert” wurde. Als ich erstmalig an die Öffentlichkeit kam, wurde mir auch unterstellt, dass ich lüge und niemals in der linken Szene aktiv gewesen sei. Was nicht ins Narrativ passt, wird ausgeblendet. Als offizielle “Geschichte” wird nur gesehen, gar als “wissenschaftlich anerkannt” wird, hängt extrem davon ab, ob man Quellen dafür findet. Solche Quellen können auch leicht vernichtet oder auch gefälscht werden. Es ist und bleibt eine grosse Herausforderung: Gerade in der Politik wird viel gelogen.
Wir schützen ein positives Selbstbild von uns selbst und der Gruppe, der wir uns angehörig fühlen.
Erstaunlich ist dabei immer wieder, wie bereitwillig Menschen Informationen unkritisch und ungeprüft übernehmen, welches ihrem “Wir sind die Guten im Kampf gegen das Böse”-Skript entspricht. Dies ist wohl ein Teil der menschlichen Psyche, sei es wenn es um die Konstruktion der eigenen Geschichte geht, wie auch für die grösserer Zusammenhänge.
Dies ist aus meiner Sicht nicht eine pathologische Abweichung der Normalität, sondern eine völlig gängige Eigenschaft von uns Menschen. Im Wissen darum, habe ich schon vor langer Zeit es aufgegeben, mich an dem Konzept der “Gerechtigkeit” zu orientieren und bin immer wieder verblüfft, wenn ich auf Menschen treffe, die diese für sich oder andere einfordern. Als ob es nicht völlig klar und offensichtlich ist, dass Gerechtigkeit nicht existiert. Das Erlangen einer über die Geschichte hinweg wiederherzustellenden Gerechtigkeit halte ich für ein völlig irrwitziges Projekt. Wir sind ja schon mit dem Herstellen von Gerechtigkeit im Hier und Jetzt völlig überfordert!
Die Krux mit dem Ruf nach “Gerechtigkeit”
Wie können wir uns über die Gerechtigkeit in der Vergangenheit einig werden, wenn es praktisch unmöglich ist, Einigkeit darüber zu erlangen, was überhaupt wirklich passiert ist? Dies gilt aus meiner Sicht ebenso für intime Paarkonflikte, wie über die grossen Fragen der Weltpolitik: Wie schaffen wir es, auf eine lebensdienliche Art miteinander in Beziehung zu treten.
Dabei erscheint mir, viel sinnvoller die Vergangenheit sein zu lassen und den Fokus ins Hier und Jetzt zu lenken: Was brauchen alle beteiligten Konfliktparteien, um sich gewürdigt und respektiert zu fühlen? Wie können wir zusammen eine Konfliktkultur aufbauen, welche die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt?
Mein Ausweg aus dem Dilemma des “Rechthabens”
Die Tradition der Gewaltfreiheit von Gandhi, zu Martin Luther Kind über Marshall Rosenberg zu Haim Omer habe ich dabei für mich als extrem reichhaltigen Schatz entdeckt. Er liefert Antworten auf drängende Fragen, mit denen wir uns im Jahr 2022 konfrontieren müssen.

Dabei gibt es nichts, welches der Beantwortung dieser Fragen mehr im Weg steht, als das Vorherrschen von Gewalt. Sei dies physische oder auch psychische Gewalt. Aber schon nur auch die Gewalttätigkeit des völligen Ignorierens der Perspektiven des Gegenübers. Der Gewalt der Weigerung zum Dialog. Der Gewalt des Ausschliessens vom öffentlichen Diskurs.
Schlussendlich profitieren die Lügner am meisten davon, wenn wir eine Kultur der Konfliktaustragung üben, in der wir nicht sorgfältig hinschauen, was denn überhaupt der Konflikt ist.
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